Nachruf auf Kurt Schaefer

Wed, 05 Jan 2022 14:15:33 +0000 von Frederic Richter

Nur langsam sprach es sich 1980 bei uns herum: Der neue Pastor Kurt Schaefer ist irgendwie anders. Er lebt und predigt anders als sein Vorgänger – der gute, alte Pastor Teske.

Spricht nicht oben von der Kanzel herab. Sagt das alte Evangelium in neuer Weise aus. Was er predigt, spiegelt sich im Lebensstil der Familie Schaefer wider. Bodenständig findet er Antworten aus dem Evangelium auf unausgesprochene Ängste. Zeigt neue Wege zum Frieden, für Gerechtigkeit und zur Bewahrung der Schöpfung.

Das bringt Veränderungen mit sich. Einige der wenigen Kirchgänger gehen auf Distanz. Andere – wie wir – fühlen sich angesprochen. So wurde das zwischenzeitlich renovierte Pastorat für uns und andere ein attraktiver Treffpunkt für neue Gruppen. Für Gesprächs- und Arbeitskreise sowie zur Mitarbeit im neuen Kirchenvorstand und bei kirchenamtlichen Aufgaben. Dabei getragen von einem dem Menschen zugewandten Pastoren.

Für ihn persönlich waren die sonntäglichen Gottesdienste ein wichtiges Anliegen. Mit einer wohlbedachten Predigt. Oft bezogen auf unser alltägliches Leben und aktuelle Ereignisse in der Welt. Diese kritischen Predigten regten zum Nachdenken an, weckten Neugier, machten Lust auf mehr. Die Kirche füllte sich wieder mit aufmerksamen Besuchern.

Genauso wichtig war Kurt Schaefer die tägliche Gemeindearbeit und die Begleitung von kirchlichen Gruppen. Ebenso wie die Kranken- und Hausbesuche. 

In kontroversen Situationen hat er seine gutbegründete Überzeugung standhaft vertreten. 

Interessiert an technischen Zusammenhängen erkannte er früh die Gefahr menschlicher Hybris. Als lebensbedrohende Gefahr für heutige und zukünftige Generationen.

Für Kurt Schaefer war Jesu Weg ans Kreuz, sein Leiden und Tod, und das Leiden von Mensch und Kreatur nicht voneinander zu trennen. Somit gehöre das Kreuz aus den Kirchenmauern hinaus auf die Straße. Folgerichtig initiierte er mit Gleichgesinnten einen Kreuzweg für die Schöpfung von Marschacht / Krümmel über St. Dionys nach Gorleben: Als einen Gottesdienst in Bewegung mit täglichen Andachten in den Gemeinden an der Wegstrecke.

Ein zweiter Kreuzweg folgte 1988 auf der Route der geplanten Atommülltransporte von Wackersdorf nach Gorleben. Das brachte Kritik von oberster Kirchenleitung. Im Wesentlichen von engagierten Gemeindemitgliedern aus den Kirchenkreisen Bleckede sowie Lüchow-Dannenberg organisiert und mitgestaltet. Dafür hatte sich in unserer Gemeinde St. Dionys ein Öko-Kreis gebildet, der auch in anderen Bereichen im Gemeindeleben aktiv wurde. Nach Beendigung des zweiten Kreuzwegs hatten die Beteiligten den Wunsch, an den Themen „Friede, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“ nachhaltig weiterzuarbeiten. Daraus wurde das „Gorlebener Gebet“, das bis heute Bestand hat. Als eine kurze, ökumenische Andacht unter den beiden aufgerichteten Kreuzen. In Sichtweite des monströsen Erkundungsbauwerkes. Wo sich sommers wie winters allsonntäglich um 14 Uhr singend und betend Gleichgesinnte einfinden, werden Texte und Abläufe in eigener Verantwortung von Einzelnen und unterschiedlichen Gruppen vorbereitet. Auch von unserem Öko-Kreis in St. Dionys, der Bestand hatte bis zum Fortgang von Kurt Schaefer im Jahr 1994.

Wir dürfen dankbar sein, dass wir bis zum Schluss mit der Familie Schaefer freundschaftlich Kontakt halten konnten.

Helga und Detlef Michaelsen, Horburg-St. Dionys 1.1.2022 
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